In letzter Zeit wird in der Logistikbranche viel über Drohnen geredet, gerade wenn es um die Endlieferung zum Kunden geht. Natürlich ist das bislang noch Zukunftsmusik, aber Amazon Drohnen fliegen schon im Test – zum Beispiel im eher dünn besiedelten ostenglischen Cambridgeshire und auf einem Testgebiet entlang der US-amerikanisch – kanadischen Grenze. Auch die DHL steht nicht mehr nur in den Startlöchern, sondern erprobt seinen Paketcopter 3.0 schon aktiv. Das bislang größte Hindernis bei der Umsetzung der Paketlieferung mit Drohnen (meistens bis zu einem Gewicht von 2,5 kg) sind die geltenden Luftfahrtgesetze und die Einschätzungen der nationalen Flugbehörden. So sind Paketlieferungen per Drohne zum jetzigen Zeitpunkt in den USA eigentlich komplett untersagt. Die von der zuständigen Behörde, der Federal Aviation Administration (FAA) im Jahr 2016 erlassenen, bindenden Regeln schreiben vor, dass der Pilot am Boden immer Sichtkontakt zu dem unbemannten Fluggerät halten muss. Diese Regelung macht die Einführung und selbst einen weiträumigeren Test der Paketlieferung per Drohne natürlich unmöglich.
Amazons „Burritocopter“ an der technischen Universität von Virginia
Eine Ausnahmeregelung von den scharfen Vorschriften der FAA hat sich Amazon auf dem Campus der Virginia Ploytechnic Institute and State University (Virginia Tech) erstritten. Hier setzt der Konzern sein neuestes Fluggerät ein, das so genannte Project Wing – und beliefert Belegschaft wie Studenten mit Burritos. Da heißt es dann: Bye Bye Pizzadienst und Hallo Tex Mex Copter. Interessanterweise ist die Drohne mit dem Namen Project Wing – übrigens eine Eigenentwicklung Amazons – ein Kippflügler, der die Eigenschaften von Helikopter und Flugzeug miteinander zu verbinden sucht, ähnlich wie manche Kampfflugzeuge, die auf Flugzeugträgern eingesetzt werden. Zum Starten und Landen werden die Flügel mit Rotoren hoch geklappt, im Flug hingegen zu einem Flügel ausgeklappt. Hierdurch verspricht sich Amazon nicht nur ein besseres Flughandling und eine höhere Geschwindigkeit, die aerodynamische Form im Flug ist auch gegenüber der für Lieferdrohnen sonst im Design bislang üblichen quadcopter Konfiguration extrem Energiesparend.
Lieferdrohnen im Einsatz – echte Alternative oder Spinnerei?
Theoretisch liegen die Vorteile einer Lieferdrohne auf der Hand. Neben der Zeitersparnis durch Vermeidung von Verkehrsengpässen und anderen Unwägbarkeiten im Straßenverkehr können – je nachdem wie viele Drohnen gleichzeitig von einer Person bedient werden können und dürfen – auch Arbeitsplätze eingespart werden. Großkonzerne wie Amazon und DHL träumen dabei natürlich von einer möglichst kompletten Automatisierung, auch wenn dies zumindest nach geltender Rechtslage und den Einschätzungen der Flugbehörden, die schon mit dem Einsatz privater Drohnen hadern, zwar in der näheren Zukunft technisch machbar aber nicht umsetzbar sein wird. Das viel größere Problem wird sowieso die Anlieferung sein. Man kann das Paket ja nicht – um es mal ganz salopp auszudrücken – einfach so in den Vorgarten fallen lassen. Amazon Drohnen sollen ihre Pakete daher in so genannte Paket Butler abliefern. Diese muss der Kunde aber vorher erst einmal gestellt bekommen oder gar kaufen – was mit Sicherheit Investitionen in nicht geringem Umfang erfordern wird. Funktionieren soll das Ganze dann so: Der Kunde bekommt per App eine Nachricht auf sein Smartphone, wann sein Paket versendet wird. Daraufhin stellt dieser den Paketbutler, eine Art Kiste, so auf, dass dieser von der Drohne bedient werden kann. Die Drohne liefert das Paket in den Paketbutler ab, der sich anschließend wieder automatisch verschließt. Wenn das Paket geliefert ist, bekommt der Kunde wieder eine Benachrichtigung über die erfolgte Ablieferung. Was bei Einfamilienhäusern und in ländlichen Gebieten sicher ein gangbarer Weg wäre, stellt sich in dicht besiedelten Städten als höchst kompliziert heraus, da die Häuser – selbst Neubauten – nicht im Hinblick auf Drohnen-Landeplätze auf dem Dach und integrierte Paketannahmestationen geplant werden. Seinen Paket Butler in Hamburg Altona oder Berlin Neukölln mal eben so einfach auf die Straße zu stellen, kommt auch nicht wirklich in Frage. Neben der Behinderung des Verkehrsflusses erscheint die Diebstahlgefahr und die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Beschädigung viel zu hoch, als dass dies auf Dauer sinnvoll zu versichern wäre. Hier könnten stationäre Paketstationen für Drohnenlieferungen Abhilfe schaffen, ähnlich den Paketstationen, wie sie von der Deutschen Post und DHL schon jetzt betrieben werden.
Paketdrohnen in Deutschland – DHL klarer Vorreiter
Auch wenn ein flächenmäßiger Einsatz von Lieferdrohnen auch in Deutschland im Moment nicht zulässig wäre, hat die DHL eine ganze Reihe von erfolgreichen Pilotprojekten und Testläufen mit ihren Paketcoptern 3.0 absolviert und hat in diesem Punkt wohl sogar eine Vorteil gegenüber dem großen Konkurrent aus Amerika. Einsatzorte waren bislang die Insel Juist, das abgelegene oberbayrische Reit im Winkl und die Winklmoos Alm. Für die Auslieferung in den bayrischen Bergen musste allerdings extra eine Sonderflugzone eingerichtet werden. Alle Tests der DHL verliefen bislang sehr erfolgreich und folgten einem etwas anderen Muster, als bei der normalen Paketzustellung. Die Drohnen holten die Pakete je bei einer speziell umgerüsteten Paketstation ab und lieferten diese dann nach dem Flug bei einer Paketstation am Zielort ab.
Der Rest der Welt und Pläne für die Zukunft
Auch in anderen Ländern wie Frankreich, wo die französische Post mit ihrer Géodrone experimentiert, die anders als die Konkurrenzdrohnen von DHL und Amazon die Pakete aus geringer Höhe abwerfen, und Australien oder Neuseeland laufen zum Teil intensive Tests mit Lieferdrohnen, die vor allem entlegene und dünn besiedelte Gebiete beliefern sollen. Gerade in diesem Punkt erscheint der Einsatz von Drohnen besonders sinnvoll. Die Belieferung entlegener Bergdörfer oder kleiner Siedlungen mitten in der australischen Wüste stellt die jeweils zuständigen Postbetreiber seit jeher vor große Schwierigkeiten und ist bislang ein echtes Kostengrab. Hier können Drohnen zumindest etwas Abhilfe schaffen. Auch ein Einsatz jenseits der kommerziellen Nutzung rückt damit in den Fokus: die Belieferung von Katastrophengebieten und nach Erdrutschen oder Lawinen abgeschnittenen Gebieten mit Medikamenten und anderen lebenswichtigen Ressourcen kann mithilfe von Lieferdrohnen geleistet werden und so die Helikopter von Armee, Feuerwehr und Polizei entlasten helfen. Ganz allgemein benötigen aber alle Anwendungen von kommerziellen Drohnen ein neues, extra auf die Überwachung von Kleinstluftfahrzeugen ausgerichtetes Luftraumüberwachungssystem. In den USA arbeitet man bereits daran.